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Kormoran-induzierte Mortalität beim Westdorsch (KoMoDo)

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Schlechter Zustand des Dorschbestandes

Der Dorschbestand der westlichen Ostsee befindet sich in einem historisch schlechten Zustand. Der Bestand umfasst so wenig Elterntiere wie noch nie seit den 1980er Jahren und die Nachwuchsproduktion liegt seit 2017 weit unter dem langfristigen Mittel; 2016 wurde der letzte stärkere Jahrgang produziert (ICES 2022). Trotz einer starken Reduzierung des Fischereiaufwands bis hin zur Einstellung der auf Dorsch gerichteten Fischerei gibt es keinerlei Anzeichen für eine Erholung des Dorschbestandes. Es ist wahrscheinlich, dass nicht-fischereiliche Faktoren wie Erwärmung, Eutrophierung, Lebensraumverlust und Zunahme der natürlichen Sterblichkeit eine wichtige Rolle bei der weiteren Entwicklung spielen (Bryhn et al. 2022). In diesem Kontext ist auch der Fraß von Dorschen durch Kormorane von besonderem Interesse.

 

Mögliche Rolle von Kormoranen

Der Kormoranbestand des südwestlichen Ostseeraums (Dänemark, Deutschland mit den Bundesländern Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern) ist von 1970 bis 1995 stark gestiegen und liegt seitdem weitgehend konstant bei knapp unter 50.000 Brutpaaren (Koop 2020). Diese relativ hohe Anzahl an Kormoranen wird von den Fischern als Konkurrenz und als Gefahr für die Fischbestände und ihre Bewirtschaftung wahrgenommen (DFV 2022). Derzeit werden die Höhe und Entwicklung der Fischprädation durch Kormorane bei der Modellierung von Bestandsdynamiken des Westdorsches nicht berücksichtigt. Die Ergebnisse neuerer Studien legen jedoch potenzielle Auswirkungen von Kormoranen auf Fischbestände und Fischerei auch entlang der Ostseeküste nahe (Bryhn et al. 2022; Haase et al. 2021; Pietrock et al. 2021).

 

Die ersten Ergebnisse einer vor Kurzem abgeschlossenen Studie des IfB verdeutlichten, dass Kormorane an einem Schlafplatz am Dassower See nahe der Lübecker Bucht einen unerwartet hohen Anteil an jungen Dorschen in ihrer Nahrung hatten (Pietrock et al. 2021) und rückte die mögliche Rolle der natürlichen Sterblichkeit für den schlechten Zustand des Dorschbestandes der westlichen Ostsee ins Licht der Aufmerksamkeit. Die monatliche Nahrung der Kormorane an diesem Standort bestand zu 25 % bis 96 % aus Dorsch (bezogen auf die Biomasse), wobei sich die Prädation hauptsächlich auf ein- bis zweijährige Fische zwischen 12 und 43 cm konzentrierte (Pietrock et al. 2021).

 

Jedoch stammen diese Ergebnisse lediglich von einem Standort und die zeitliche Variabilität war sehr hoch. Andere Studien entlang der Küste Mecklenburg-Vorpommerns belegten zudem hohe örtliche Schwankungen der Biomasseanteile von Dorsch zwischen 0 und 46 % (H. Winkler, persönliche Mitteilung). Es ist deshalb noch unklar, inwieweit die Ergebnisse von Pietrock et al. (2021) repräsentativ für andere Standorte und Jahre sind. Weitere Untersuchungen sind für eine zuverlässigere Abschätzung des möglichen Einflusses der Kormoranprädation auf die Dynamik und den Zustand sowie die Entwicklungsperspektive des Dorschbestand der westlichen Ostsee und anderer Fischarten in der Region erforderlich.

 

Studienziele

Ein besseres Verständnis der Ursachen für die Bestandsdynamik ist wichtig, um die Erholungschancen des Westdorschbestandes und damit auch die Perspektiven für dessen zukünftige fischereiliche Nutzung besser einschätzen zu können.

 

Diese Studie wird sich auf die folgenden Hauptbereiche konzentrieren:
1) Quantifizierung der Kormoranprädation an ausgewählten Abschnitten der Ostseeküste mit besonderem Fokus auf den Dorsch,
2) Vergleich konventioneller und neuartiger genetisch basierter Methoden zur Quantifizierung der Fischprädation aus Kormoranspeiballenanalysen und
3) Abschätzung der potenziellen Auswirkungen der natürlichen Sterblichkeit durch Kormorane auf die Populationsdynamik des Dorsches der westlichen Ostsee.

 

Dieses Projekt ist auf enge Zusammenarbeit zwischen dem Institut für Binnenfischerei e.V., dem Thünen Institut für Ostseefischerei, dem Fraunhofer Institut für Zelltherapie und Immunologie: Institutsteil Bioanalytik und Bioprozesse und mehreren Ornithologen ausgelegt. Dadurch fließen spezielle Expertisen aus verschiedenen Bereichen in die Bearbeitung ein, z. B. Fachwissen in der Binnen- und Ostseefischerei, in der Speiballenanalyse, Dorsch- und Kormoranökologie und Populationsdynamik sowie in der Altersbestimmung von Dorschen.

 

Das Projekt ist aus Mitteln der Fischereiabgabe des Landes Schleswig-Holstein gefördert.

 

Literatur:

Bryhn, A. C., Bergek, S., Bergström, U., Casini, M., Dahlgren, E., Ek, C., Hjelm, J., Königson, S., Ljungberg, P., Lundström, K., Lunneryd, S. G., Ovegård, M., Sköld, M., Valentinsson, D., Vitale, F., & Wennhage, H. (2022). Which factors can affect the productivity and dynamics of cod stocks in the Baltic Sea, Kattegat and Skagerrak? Ocean & Coastal Management, 223, 106154. https://doi.org/10.1016/j.ocecoaman.2022.106154
ICES. 2022. Cod (Gadus morhua) in subdivisions 22–24, western Baltic stock (western Baltic Sea). ICES Advice: Recurrent Advice. Report. https://doi.org/10.17895/ices.advice.19447868.v1
Koop, B. 2020. Ornithologische Begleituntersuchungen zum Kormoran: Bericht für 2020 vorgelegt im Auftrag des Ministeriums für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein, Kiel.
Deutscher Fischerei-Verband e.V. (DFV). 2022. Kormorane fressen mehr Dorsch, als Fischer fangen dürfen. Natürlich Jagd. https://www.natuerlich-jagd.de/im-original/kormorane-fressen-mehr-dorsch-als-fischer-fangen-duerfen/
Haase, S., K. Hüssy, M. Casini, K. Radtke, & U. Krumme. (2021). Eaten by a cormorant: Unexpected return of a tagged Baltic cod. 2021 International Workshop on Metrology for the Sea; Learning to Measure Sea Health Parameters (MetroSea), 283–287. https://doi.org/10.1109/MetroSea52177.2021.9611573
Pietrock, M.; Sternberg, N. 2021. Analyse von Speiballen zur Ermittlung der Nahrungs-zusammensetzung von Kormoranen in den Gebieten Plöner Seen, Untertrave und Schlei. Bericht im Auftrag des Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein. Institut für Binnenfischerei e. V. Potsdam-Sacrow, 90 pp.
Kieckbusch, J.J. & B. Koop. 1996. Brutbestand, Rastverbreitung und Nahrungsökologie des Kormorans (Phalacrocorax carbo sinensis) in Schleswig-Holstein. Corax 16: 335-355.

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